Das Gebäude, in welchem das Haimat- und Waidmuseum untergebracht ist kann auf eine über 100-jährige Geschichte zurückblicken. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts (1902/03) errichtete die Gemeinde Hochstedt an bisher nicht bebauter Stelle ein neues Schulgebäude, einen großen Backsteinbau. Das bisherige Schulhaus reichte bei weitem nicht mehr für die Schülerzahl aus, außerdem wurde eine neuere Wohnung für den Lehrer benötigt. Das Gebäude wurde von der Gemeinde erbaut, die zur Finanzierung ein Darlehen von 12.000 Mark bei der Sparkasse in Vieselbach aufnahm.*
Im Jahr 1903 wurde das neue Schulhaus schließlich eingeweiht. In dem zweistöckigen Bau waren der Unterrichtsraum, ein Lehrmittelzimmer und die Wohnung des Lehrers untergebracht. Zur Schule gehörte eine Toilettenanlage, Holz- und Kohlenverschläge, ein kleiner Viehstall und ein Schulgarten von etwa 9 Ar Größe.* Neben dem Schulgarten, gab es einen weiteren Garten, den die Lehrerfamilie bewirtschaftete, unter anderem hielt einer der Lehrer darin als Hobby-Imker Bienvölker. Im Nebengebäude der Schule, welches einst die Toiletten und Holz-/Kohlenschuppen beherbergte, ist heute das Heimat- und Waidmuseum untergebracht.
Der Schulhof erhielt nach Fertigstellung der Gebäude eine Kiesaufschüttung* und es ist zu vermuten, dass die mächtige Kastanie, die im Jahr 2011 gefällt werden musste, ebenfalls zu dieser Zeit gepflanzt worden war.
Der Bezirksschulinspektor, der 1907 die Schule besuchte, hatte noch einiges zu bemängeln, vor allen Dingen aber, dass das Lehrer-Ehepaar mit seinen erwachsenen Töchtern ein Schlafzimmer teilen musste. Er bestand darauf dass der Raum geteilt wurde. Außerdem sollten die Vorhänge im Unterrichtsraum verbreitert werden, um die Kinder vor der Sonne zu schützen*.
Anmerkung: Nach dem Fällen der Kastanie 2011, wurde die Sonneneinstrahlung von der Südseite des Gebäudes her so stark, dass im ehemaligen Klassenzimmer und heutigen Veranstaltungsraum im Bürgerhaus, erneut Maßnahmen zum Schutz vor der Sonne getroffen werden mussten. Jedes der Fenster erhielt daraufhin Rollos.
Auch das Umfeld der Schule gefiel dem Inspektor noch nicht. In seinem Bericht schrieb er: Wenn das schöne Schulgebäude nicht von den liederlich aussehenden, mit Schmutz und Disteln bedeckten Abhang nach der Straße zu abgeschlossen, sondern wenn dieses Stück bis zur Haustüre mit einem einfachen Zaun eingerahmt, umgerodet und dann mit grünem Rasen besäet und einigen Rosen- oder anderen Sträuchern besetzt würde, so erhielt die Gemeinde für wenig Geld einen schönen Schmuck des Ortes.*
Anmerkung: Dieser Schulinspektor hat damit das Ortsbild in diesem Bereich bis heute maßgeblich bestimmt. Noch heute ist vor dem ehemaligen Schulgebäude ein seichter Abhang zu sehen, den ein Gartenzaun vom einstigen Schulhof trennt. Hier wächst noch immer Rasen, welcher mit Rosen besetzt ist.
Der Schulbetrieb in der Hochstedter Schule wurde bis Anfang der 1960er Jahre aufrecht erhalten. Ab diesem Zeitpunkt besuchten die Hochstedter Schüler die einen Kilometer entfernt gelegene Vieselbacher Schule.
In das ehemalige Schulgebäude zog der Hochstedter Kindergarten ein, denn in dem Gebäude, in dem er bis dahin untergebracht war, im umgebauten ehemaligen Backs (Backhaus), war es feucht und deshalb Krankheiten zu befürchten. Im ehemaligen Schulgarten wurden Spielgeräte aufgestellt, ein Sandkasten und sogar ein Plantschbecken in den Boden gebracht. Diese Arbeiten wurden in freiwilliger unentgeltlicher Leistung von den Hochstedter Eltern erbracht.
In das Haus zog Mitte der 1970er Jahre die Hochstedter Bibliothek ein, die im ersten Stock untergebracht war. Inzwischen waren auch die Räume in diesen oberen Stockwerken anders aufgeteilt worden. So war das Dachgeschoss (das zweite Geschoss) ausgebaut worden, in welchem sich zwei Wohnungen bis heute (2011) befinden. Im ersten Stock befand sich eine weitere Wohnung, die Bibliothek und die Gemeindeschwesternstation.
* aus: Hochstedt, eine Ortsgeschichte von Dagmar und Walter Blaha
Der Kindergarten, der mit dem Umzug in das Gebäude einen Anbau erhalten hatte, um den Sanitärtrakt aufzunehmen, hatte bis zur politischen Wende Bestand und wurde 1993 schließlich geschlossen. Ab diesem Zeitpunkt gingen auch die Kindergartenkinder in den Kindergarten des Nachbarortes Vieselbach.
Die Hochstedter hatten vergeblich um den Erhalt des Kindergartens gekämpft. Es gab sogar Demonstrationen mit Straßensperren, die jedoch nichts brachten, außer einen Aufschub der Schließung.
Hochstedt gehörte seit Mitte der 1970er Jahre zur Gemeinde Vieselbach und wurde vom Nachbarort aus verwaltet. Von Hochstedter Seite gab es seit der politischen Wende ernsthafte Bestrebungen, sich vom Gemeindeverband Vieselbach zu lösen. Das Schulgebäude spielte bei diesem Prozess eine wichtige Rolle, denn die Gemeindeverwaltung von Vieselbach spielte mit dem Gedanken, das alte Schulgebäude zu verkaufen.
Diese Absicht brachte das Fass zum überlaufen und die Hochstetder Einwohner stimmten dafür, sich freiwillig der Landeshauptstadt Erfurt anzuschließen. Hiochstedt trat also aus dem Gemeindeverband Vieselbach aus, welcher sich mit Händen und Füßen sträubte nach Erfurt eingemeindet zu werden.
Am 1. Juli 1994 wurde Hochstedt der 43. Stadtteil der Thüringer Landeshauptstadt. Im gleichen Jahr begann man damit, das ehemalige Schulgebäude zu sanieren.
1994 sanierter Raum für Feiern und Zusammenkünfte von Vereinen und der Gemeindeverwaltung
1994 fertig saniertes Büro des Ortsteilbürgermeisters
Mit der Sanierung wurde die erste Etage komplett umgebaut und ein Jugend-Freizeittreff eingerichtet, dessen Betrieb wegen zu geringer Auslastung im Herbst vorübergehend eingestellt wurde. Der Raum im Erdgeschoss wird für Zusammenkünfte von Vereinen oder für private Feiern genutzt.
Im März 2011 musste aus Sicherheitsgründen die alte Schulhof-Kastanie gefällt werden. Seitdem hat man aus südlicher Richtung erstmals wieder freie Sicht auf das ehemalige Schulgebäude.
Im Sommer 2011 wurde im Hof des Bürgerhauses eine junge Kastanie in die Erde gebracht.
* aus: Hochstedt, eine Ortsgeschichte von Dagmar und Walter Blaha
Fotos vom der Sanierung des ehemaligen Schulgebäudes: E. Angelroth